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fragen_und_antworten:abmahnung_ein_klaps

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fragen_und_antworten:abmahnung_ein_klaps [2012/10/01 19:50] (aktuell)
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 +//**Die Abmahnung -  Damoklesschwert oder  ****"Klaps"  auf den Hinterkopf ?** 
 +(aktualisiert 25.05.2007)//\\ 
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 +Wenn Sie in unseren Tarifverträgen nach dem  Begriff "Abmahnung" suchen, werden Sie nicht fündig. Die Abmahnung  ist ein gesetzlich und tarifvertraglich nicht geregeltes Instrument, das die  deutsche Rechtsprechung aus § 326 BGB und dem Grundsatz der  Verhältnismäßigkeit entwickelt hat.
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 +Versimplifiziert man die allgemeinen Bestimmungen des § 326  BGB und überträgt sie auf das Arbeitsrecht, lässt sich folgende  Verallgemeinerung treffen:
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 +Ein Arbeitgeber darf nur dann **__ohne__ ** vorherige  Abmahnung kündigen, wenn kein Interesse am Fortbestand des  Arbeitsverhältnisses mehr besteht. Als "fehlendes Interesse" genügt  dabei nicht etwa die subjektive Vorstellung des Arbeitgebers bzw. die seiner  leitenden Mitarbeiter. Vielmehr wird an dieser Stelle (ggf. auch vor dem  Arbeitsgericht) danach gefragt, ob ein verständiger und verantwortungsbewusster  Arbeitgeber im konkreten Fall ebenfalls auf eine vorherige Abmahnung verzichten  und sofort eine Kündigung aussprechen würde.
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 +Dieses "Ultima-ratio-prinzip" ist letztlich auch  dem Fürsorgeprinzip des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern  geschuldet. Der Arbeitgeber muss sich regelmäßig nach Feststellung eines  arbeitnehmerseitigen Fehlverhaltens fragen, ob sein Vertrauen in den  Arbeitnehmer derart stark erschüttert ist, dass ihm nur die "Keule"  einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses übrig bleibt [klassische  Beispiele: der direkte Griff in die Kasse des Arbeitgebers oder  Urkundenfälschung (z.B. des Krankenscheins)]. Kommt er aber zu dem Schluss,  dass das arbeitnehmerseitige Vergehen das Vertrauensverhältnis nicht  existenziell erschüttert hat, so erteilt er dem Arbeitnehmer mit dem Ausspruch  einer Abmahnung einen "sehr ernsthaften Klaps auf den Hinterkopf".
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 +Die __**Abmahnung**__selbst besteht aus drei Teilen:  Erstens der Aufzeichnung der Arbeitsvertragsverletzung (Hinweisfunktion),  zweitens der Begründung, weshalb das Verhalten eine Vertragsverletzung  darstellt (Rügefunktion) und drittens der Ankündigung arbeitsrechtlicher  Konsequenzen im Wiederholungsfalle (Warnfunktion).
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 +Der **__Ermahnung__**fehlt im Vergleich zur Abmahnung  der dritte Bestandteil (Kündigungsandrohung) als arbeitgeberseitige Reaktion  auf ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers. Sie stellt somit eine **abgestufte  Form der Disziplinierung** dar.
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 +Das beanstandete Verhalten ist sowohl in der Abmahnung als  auch in der Ermahnung konkret hinsichtlich seiner zeitlichen und örtlichen Lage  zu bezeichnen.
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 +Es dürfen ausschließlich Tatsachen und keine Werturteile  genannt sein. Beispielsweise reicht es nicht aus, dem Arbeitnehmer pauschal  einen mangelnden Leistungswillen, eine negative Grundeinstellung zur Arbeit und  ein unkollegiales Verhalten vorzuwerfen. Notwendig ist ein Konkretisieren des  beanstandeten Verhaltens nach dem Muster: //was// hat er //wann, wo, wie  gegenüber wem// falsch gemacht?
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 +Die Abmahnung verfolgt den Zweck, dem Arbeitnehmer  Gelegenheit zur Verhaltensänderung zu geben. Dauert das Fehlverhalten des  Arbeitnehmers an, ist der Arbeitgeber berechtigt, das Arbeitsrechtsverhältnis  per Kündigung zu beenden. Wie viele Abmahnungen erforderlich sind, um bei  gleichartigem Fehlverhalten eine Kündigung zu rechtfertigen, lässt sich nicht  pauschal beantworten. Vielmehr hängt es vom Einzelfall und der Schwere der  Verfehlung ab.
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 +Regelmäßig müssen vor dem Ausspruch einer Abmahnung sowohl  der Betroffene selbst, als auch der Personalrat vom Arbeitgeber angehört  werden.
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 +Die **Anhörung des Arbeitnehmers** erfolgt in aller Regel  **schriftlich**. In einem Anschreiben des Geschäftsbereichsleiters Personal wird der  Arbeitnehmer darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber beabsichtigt, ein durch  den zuständigen Vorgesetzten angezeigtes Fehlverhalten zu ahnden.
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 +Im Rahmen der Anhörung erhält der Arbeitnehmer die  Möglichkeit, in Form einer schriftlichen Stellungnahme sein Verhalten zu  rechtfertigen.
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 +Diese Stellungnahme wird - genauso wie die ggf. erfolgte Stellungnahme des  Personalrats - **Bestandteil der Personalakte**. Anhand der einzelnen Stellungnahmen und der durch den  Dienstvorgesetzten des Arbeitnehmers vorgetragenen Vorwürfe entscheidet - ggf.  nach weiteren klärenden Gesprächen - der Geschäftsbereichsleiter Personal abschließend über  die Art der Sanktionierung (Ermahnung oder Abmahnung).
 +**Der eigentliche Ausspruch der Ermahnung oder Abmahnung  erfolgt wiederum in schriftlicher Form.** 
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 +Die Frage der **Wirkungsdauer einer Abmahnung** lässt  sich aufgrund fehlender Regelfristen ebenfalls nicht pauschal beantworten. In  Abhängigkeit von der Schwere der Verfehlung geht die Literatur von einem  Zeitraum zwischen zwei und fünf Jahren aus.
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 +Im Bereich des Uniklinikums Magdeburg wird beim Ausspruch  einer Abmahnung bzw. Ermahnung mitgeteilt, wie lange diese in der Personalakte  verbleiben soll.
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 +Der Arbeitnehmer kann aber auch davon unabhängig einen **Anspruch  auf Entfernung der Er- bzw. Abmahnung aus seiner Personalakte** haben;  nämlich immer dann, **wenn in dieser unrichtige Tatsachen, Behauptungen oder  ungerechtfertigte Bewertungen enthalten sind**.
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 +Wurden mit einer Er- oder Abmahnung beispielsweise mehrere  Pflichtverletzungen gerügt und stellt sich heraus, dass nur eine dieser  vorgeworfenen Pflichtverletzungen unhaltbar ist, führt das zur Unwirksamkeit  der gesamten Er- bzw. Abmahnung.
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 +Den Entfernungsanspruch kann der Arbeitnehmer auf dem  Klagewege beim Arbeitsgericht geltend machen.
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 +Zusammenfassend bleibt festzustellen:
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 +    * Ermahnungen und Abmahnungen, die Eingang in die   Personalakte finden sollen, können **__nur__** vom     Geschäftsbereichsleiter Personal ausgesprochen werden (und nicht von Abteilungsleitern,   Klinikchefs o. ä.). Dabei ist ein bestimmtes förmliches Verfahren   einzuhalten.
 +    * Betroffene Arbeitnehmer sollten von der Möglichkeit    der Stellungnahme auch tatsächlich Gebrauch machen, um dem entscheidenden     Geschäftsbereichsleiter Personal die Beweggründe und Umstände für das eigene Verhalten    aus ihrer Sicht zu veranschaulichen.
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 +    * Betroffene Arbeitnehmer sollten darüber hinaus die Chance der Konsultation des Personalrats wahrnehmen, da auch dieser  die Möglichkeit einer Stellungnahme hat und vor dem Ausspruch einer Abmahnung  angehört werden muss.
  
fragen_und_antworten/abmahnung_ein_klaps.txt · Zuletzt geändert: 2012/10/01 19:50 (Externe Bearbeitung)